Do-it-yourself-Ende

Das richtige Ende zu finden ist eine Herausforderung, an der Autoren leicht scheitern können. Manche versuchen diesem Risiko zu entgehen, indem sie das Ende einfach offen lassen. Doch das Risiko wird dadurch nur größer, meint unsere Gastautorin Lara.

Alles muss ein Ende haben. Das ist ja grundsätzlich eine notwendige und oft gar keine so schlechte Sache. Die meisten Enden mag ich aber trotzdem nicht. Ganz besonders nicht bei Geschichten. Enden sind auch immer die erste Sache, die ich bei Büchern vergesse. Natürlich weiß ich noch, wie die unnötige Nebenfigur irgendwo im zweiten Drittel heißt, aber was am Ende mit der Heldin passiert? Puh. Fragt mich das vielleicht nachher nochmal, oder besser: niemals. Es fällt mir sowieso nicht mehr ein. Das Internet nach Bucheenden zu fragen, hilft normalerweise auch nicht, weil das in Rezensionen meistens nicht verraten wird. Leider wirkt es deswegen oft so, als ob ich Bücher gar nicht oder zumindest nicht ganz gelesen hätte und weil ich es hasse, Bücher nicht zu beenden, stimmt das so gut wie nie. Denn obwohl ich Buchenden nicht leiden kann, darauf verzichten geht irgendwie auch nicht.

Bitte verlasse mich nicht!

Meine Abneigung gegenüber Enden liegt vielleicht daran, dass ich während des Lesens schnell eine sehr enge Bindung zu den Figuren entwickle. Bücher müssen wirklich, wirklich schlecht sein, damit mir das nicht passiert. Wenn die letzten Seiten anbrechen und ich weiß, dass ich mich von diesen Figuren verabschieden muss, finde ich im ersten Moment immer schrecklich. Und im zweiten und dritten meistens auch. Deswegen kann man mir es mit Enden auch sehr schwer recht machen. Bitte nicht zu sehr Happy End und Rührseligkeit, das ist ja nicht zum Aushalten! Aber bitte auch nicht zu traurig, ich will doch, dass es allen gut geht! Und auch nicht zu profan und langweilig, das hat eine gute Geschichte nicht verdient! Offene Enden scheinen da wie eine sehr gute Lösung. Oder?

Gute offene Enden – eine Kunst für sich

Grundsätzlich mag ich die Idee auch, dass es dem Leser überlassen bleibt, sich ein Ende für die Geschichte auszudenken und dass der Autor nicht gezwungenermaßen ein klares Stoppschild aufstellen muss. Ein bisschen Raum für die eigene Fantasie ist eine feine Sache. Außerdem kann ein Autor eine Geschichte auch nicht mit einem schlechten Ende ruinieren, wenn er einfach gar keins schreibt.

Aber tatsächlich fallen mir kaum offene Enden ein, die wirklich offene Enden sind und nicht nur Cliffhanger für ein Sequel. Von diesen wenigen wirklich offenen Enden sind noch weniger gut. Oft wirkt ein offenes Ende, als ob dem Autor einfach die Fantasie/Energie/Lust an der eigenen Geschichte ausgegangen wäre. Ich kann ihn direkt vor mir sitzen sehen, wie er mich mit trägen Augen anschaut und lustlos mit den Schultern zuckt: “Wird schon passen”. Offene Enden sinnvoll einzusetzen ist eine Kunst, für die mir gerade gar kein gutes Beispiel einfällt.

Haben Geschichten überhaupt ein Ende?

Noch dazu können offene Enden auch ganz schön schrecklich sein. Die eigene Interpretation ist zwar schön und gut, aber WAS HATTE DENN DER AUTOR IM KOPF??!! Möchte man ja schon wissen, manchmal. Nur so zur Info. Andererseits, wenn man so anfängt, Autoren wissen ja bekanntermaßen noch sehr viel mehr über Anfänge, Details und Enden ihrer Geschichten, Figuren oder Universen, als sie verraten (oder dann eben doch noch in verschiedenster Form verraten, Grüße an JK Rowling an dieser Stelle).

Wie geschlossen kann also ein Ende überhaupt sein? Wahrscheinlich haben es nicht alle Ideen des Autors in die Geschichte geschafft. Alle Fäden zusammenzuführen, alle Details aufzulösen, das ist ganz schön schwer und aufwendig und kann eigentlich kaum elegant gelöst werden. Was mit der unwichtigen Nebenfigur aus dem zweiten Drittel des Romans wird, an deren Namen ich mich erinnere, weiß ich nach dem Lesen des offiziellen Buchendes nämlich normalerweise sowieso nicht. Oder hab ich das nur wieder vergessen?



Themenspezial Ende?

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Lara Lorenz

Hat gelesen (bzw. vorgelesen bekommen) seit sie denken kann und war in der Schule immer die seltsame Person, die tatsächlich auch die Lektüren gelesen hat. Sie redet leidenschaftlich gern und viel über Bücher, deswegen findet sie sich in einer kleinen Diskussionsgruppe für Jugendbücher wieder. Für ihr Studium zieht es sie nach Leipzig. Dort landet sie beim Ausbildungssender mephisto 97.6, wo sie weiterhin über Bücher redet, jetzt manchmal mit einem Mikro vor dem Gesicht. Das macht sie übrigens auch seit Sommer regelmäßig mit Thilo beim schraeglesen-Podcast "schraeglesen² - Die Bücherdiskussion".

2 Kommentare:

  1. Pingback:[ Kreuzfahrt durch das Meer der Buchblogs ] Woche 51 2017 – Mikka liest das Leben

  2. Huhu!

    Puh, da haben es Autoren mit mir auch nicht immer einfach. Mir geht es da wie dir: nicht zu kitschig, bitte, aber auch nicht zu tragisch, und offen gerne, aber nicht immer. Im Prinzip kann ich deinen Beitrag auch einfach so unterschreiben. 🙂

    LG,
    Mikka

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