Essen oder schlafen

Wer Hörspiele liebt, kennt natürlich die “???”. Die jugendliche Amateurdetektive, die trotz ihrer jungen Jahre einen eigenen Chauffeur haben und bessere Ergebnisse liefern als die Polizei. Ihr Erfolg hält bis heute an und ermöglicht auch immer wieder ein kleines Experiment. Zum Beispiel ein interaktives Hörspiel.

Die Hörspiel-Serie “Die drei ???” kommt ursprünglich aus den USA, wie die Hörer leicht am Setting erkennen können. Doch die deutsche Adaption ist wesentlich erfolgreicher als das Original, womöglich wegen den Sprechern oder der traditionsreichen Produktionsweise (es wird immer noch mit Geräuschemachern gearbeitet). Dieser Erfolg hat der Reihe eine wesentlich längeres Leben in Deutschland beschert und zahlreiche eigens geschriebene Folgen. Nachdem sich diese Adaptionen auseinander gelebt hatten, kam es 2006 zu einem Rechtsstreit, sodass sich die Serie kurz umbenennen musste in “Die Dr3i”, wo wurde Justus zu Jupiter und Peters Nachname änderte sich in Crenshaw. In dieser Zeit entwickelte Ivar Leon Menger das Hörspiel “Hotel Luxury End“, das dem Hörer die Möglichkeit geben sollte, eigene Entscheidungen zu treffen.

An alle Rätselknacker und Geheimnislüfter. Verehrte Freunde und Schnüfflerkollegen. Für die Geschichte die ich euch heute von den drei Detektiven Jupiter Jones, Peter Crenshaw und Bob Andrews erzählen möchte, benötige ich nicht nur euren scharfen Verstand und euer logisches Mitdenken, nein ich brauche auch euren schnellen Zeigefinger. Denn am Ende jeden Kapitels dürft ihr höchstpersönlich entscheiden wie die Geschichte weitergehen soll. Drückt dazu einfach auf euren CD-Player die Nummer des gewünschten Kapitels, die sogenannte Tracknummer und schon geht die Geschichte an dieser Stelle weiter.

Ferien mit oder ohne Horror?

Ständig müssen die drei Detektive Fälle lösen, doch dieses Mal wollen sie einfach nur Ferien machen. Mit dem Auto wollen sie einfach mal die Stadt verlassen und nach Oregon reisen. Auf der Fahrt wollten sie eigentlich noch einen Zwischenstopp einlegen, doch leider hat Bob kein Hotel reserviert. Erst das letzte Hotel auf der Strecke hat noch freie Zimmer, um genau zu sein, hat es gar keine Gäste. Zum Glück für die drei Freunde, die so sehr günstig übernachten können. Aber irgendetwas scheint hier auch nicht zu stimmen. Der Portier redet von Geistergeschichten, Bob fallen zahlreiche Ungereimtheiten auf, aber vielleicht hat sie ihre Arbeit auch einfach zu sensibel gemacht.

Diese Entscheidung bleibt dann am Hörer hängen. Der Erzähler spricht ihn immer wieder an, fordert ihn auf eine Entscheidung zwischen zwei Möglichkeiten zu treffen, dabei mangelt es nicht an der nötigen Selbstironie.

Bob kramte eine Vierteldollarmünze aus seiner Hosentasche heraus und schnippte sie in die Luft. Peter hielt den Atem an. Er hatte sich für die Seite mit dem Adler entschieden, Bob hoffte auf Kopf. Wie würde sich das Schicksal entscheiden, Klimaanlage oder offene Tür? Und das ist eben das Schöne an unserem Abenteuer,ihr dürft jetzt Schicksal spielen. Auf welcher Seite soll die Münze landen, Adler oder Kopf?

Als Hörspiel überzeugt es so, wie alle Hörspiele der “Drei ???”. Wie so findet sich diese Mischung aus Kriminalfall und Mystery. Das Setting erinnert nämlich nicht ganz zufällig an Stephen Kings “Shining“. Doch letztlich bleibt es das Werk einer mehr oder minder intelligenten Verbrecherbande. Alle Sprecher gehen dabei wie gewohnt in ihren Rollen auf und liefern, was von ihnen erwartet wird.

Die Entscheidungen, die das Zentrum dieser Produktion darstellen, sind gut gedacht, gehen aber oft nicht weit genug. Sie stellen den Hörer immer wieder vor doch sehr weitreichende Entscheidungen, die große Auswirkungen auf die Entwicklung der Geschichte haben, letztlich die Fragen, die sich der Autor vielleicht bei jeder Geschichte stellt: zum Beispiel ob die drei Detektive ins Zimmer gehen oder in Restaurant, so die Aufteilung auf die zwei CD’s.

Unumkehrbar

Leider bleiben die Entscheidungsmöglichkeiten sehr linear. Wenn sich die Freunde erstmal für das Zimmer entschieden haben, gibt es keinen Weg mehr ins Restaurant, der sich einfach hätte einbauen lassen. Auf diese Weise steuert der Hörer und Entscheidungsträger mit jeder Wahl unbedingt auf bestimmte Enden zu. Davon gibt es natürlich gleich mehrere. Die sind mit einer abschließenden Nachricht aus dem Autoradio immer gleich aufgebaut, können aber negativ oder positiv sein – je nachdem ob die Freunde unversehrt sind oder nicht. Aber: Es gibt nur ein richtiges Ende, in dem die Detektive den Fall lösen. Dabei scheinen auch hier mehrere Zugänge zur Lösung möglich gewesen zu sein, aber vielleicht sollte die nur auf eine Weise erzählt werden.

Natürlich bleibt es ein spaßiges Hörspiel, zumindest für Fans der berühmten Hörspielreihe. Es ist allerdings nicht der komplexeste Fall, aber wie könnte er auch, denn es geht viel Zeit verloren mit den vergebenen Entscheidungen. Denn das sollte nicht vergessen werden: Diese interaktive Hörspiel kam auf CD und nutzt seine Möglichkeiten dafür ziemlich gut aus und gibt dem Hörer auch mal die Chance eine Entscheidung zu treffen, anstatt nur rumzuraten.


Teil 1 / Teil 2a / Teil 2b / Teil 3

Formen von Interactive Fiction:

Spielebuch / Interaktiver Comic / Interaktives Hörspiel / Text Adventure

Thilo
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Thilo

Hat sich von einer anfänglichen Faszination für Bücher, über erste Leseerfolge zum Bibliomanen entwickelt. Eigentlich hat der Kulturjournalist nur aus Langeweile gelesen, hier mal ein Buch im Zug, mal eines im Urlaub, mal ein bisschen vorm Einschlafen. Nach unausgegorenen Berufswünschen wie Koch, Hornist oder Schauspieler, verschlägt es ihn zum Studium der Theaterwissenschaft nach Leipzig und in die Redaktionsräume des Ausbildungsradios mephisto 97.6. Ganz beiläufig lässt er hier fallen, dass er eigentlich ganz gerne mal ein Buch lese. Schon einen Monat später leitet er – hopplahopp – die Literaturredaktion und Lesen wird zum Exzess (in den Tagen vor Buchmessen liest er gerne Nächte und Tage durch). Inzwischen spricht er hin und wieder bei MDR Kultur und dem Deutschlandfunk über Literatur, Theater, Musik, neue Medien und alles was die Leute (oder: ihn) interessiert. Sein Ziel: Der nächste Marcel Reich-Ranicki (und ein bisschen Gerhard Stadelmaier) werden – nur besser aussehend … und vielleicht etwas umgänglicher. So lange vergnügt er sich weiter auf schraeglesen.de

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