Buntes Gekrabbel – Rückblick auf die 20. modell-hobby-spiel, Teil 1

Was haben Kakerlaken, Spinnen und Drachen gemeinsam? Nein, das ist kein schlechter Witz. Und nein, das ist auch keine Biologie- oder Geschichtsstunde für Kinder. Stattdessen sind sie alle Titelgeber aktueller Kinder- und Familienbrettspiele, die letztes Wochenende auf der 20. modell-hobby-spiel Messe in Leipzig zu erleben waren. Ganz im Sinne unserer “Tradition” (zwei Besuche lassen sich noch schwerlich als solche bezeichnen) habe ich die auch in diesem Jahr wieder gemeinsam mit meinem 7-jährigen Neffen und meiner Schwester besucht, um meiner zweiten Leidenschaft nachzugehen: Brett- und Gesellschaftsspiele. Ein Spielebericht – heute mal in analog.

Samstag, 03. Oktober, 10.20 Uhr: Straßenbahnlinie 16 Richtung Messegelände.Um diese Uhrzeit wäre zu Buchmessezeiten Kuschelkurs angesagt. Davon sind wir jedoch heute weit entfernt – mir soll’s recht sein, dann sind die Spieletische nachher wenigstens nicht alle besetzt. Auch die Schlange an der Kasse ist schnell überwunden. Nach fünf Minuten begeben wir uns durch die Drehtüren und werden gleich von 3D-Druckern begrüßt. Mal wieder. Den Hype habe ich noch nie wirklich verstanden – Tausende Euro und stundenlanges drucken, nur um am Ende eine billige Trillerpfeife in der Hand zu halten?

Wie auch immer, weiter geht’s zielstrebig in Halle 2. Dort sieht es auch schon deutlich voller aus: Menschenmassen tummeln sich zwischen Bastel- und Nähzubehör, Puppenmobiliar und vor allem – Spielen! Überall sind Tische aufgebaut, an denen sich Familien über Spielbretter beugen, Karten tauschen oder an Rätseln kniffeln. Es wird gelacht, überlegt und geflucht – kurzum: gespielt.

Station 1: “Kakerlaloop” (ab 5 Jahre)

11 Uhr irgendwas: Messehalle 2. Auf der Suche nach einem Platz zum Spielen landen wir als erstes bei Ravensburger, wo wir uns einen der letzten freien Tische ergattern können. Nun heißt es: schauen was als erstes gespielt werden soll. Die Wahl fällt auf “Kakerlaloop” – wohl eine abgewandelte Version von “Kakerlakak”, das sich 2013 auf der Empfehlungsliste für das “Kinderspiel des Jahres” befand. Wie es sich für ein Kinderspiel gehört, sind die Spielregeln übersichtlich und schnell erklärt: Jeder Spieler bekommt drei Käfer, die er der Reihe nach durch Würfeln sicher über einen Hinterhof befördern muss.

Soweit so gut. Jetzt kommt die Kakerlake ins Spiel. Bei der handelt es sich um ein Nano-Insekt der Firma Hexbug, die zu Beginn des Spiels auf das Brett gesetzt wird und sich teilweise unterirdisch, teilweise überirdisch fort-vibriert. Zwei Loopings verbinden die obere Spielebene mit der unteren, sodass die Kakerlake beliebig zwischen beiden Ebenen wechseln kann. Gelangt sie dann an die Oberfläche, wird das Spiel sofort unterbrochen und die Spieler können nur noch hilflos zusehen, wie die Kakerlake die eigenen Käfer um ganze Felder verschiebt oder gar ganz an den Anfang des Spiels befördert. (Es sei denn, man konnte sich zuvor auf einen der erhöhten Sicherheitsfelder retten.)

Macht 80 % des Spiels aus: Warten.

Erst wenn sich das Ungeziefer wieder in die unterirdischen Gefilde verabschiedet hat, kann das Spiel fortgesetzt und mit der Schadensbegrenzung begonnen werden – bis die Kakerlake wieder ans Tageslicht kommt und erneut ihr Unwesen treibt. Und das passiert oft schneller als man denkt, viel Zeit zum Würfeln bleibt also nicht. Wenn die Kakerlake dann aber einmal oben ist, kann es auch gern länger dauern. Dann heißt es warten und warten… Das Brett vibriert, mein Neffe lacht und auch wir haben unseren Spaß. Ob das Spiel allerdings nach zwei, drei Durchgängen immer noch genauso begeistert und verblüfft, wage ich noch etwas zu bezweifeln. Vielleicht spricht da aber auch die Skepsis gegenüber elektronischen Brettspielen aus mir. Keine Ahnung warum, aber irgendwie kriege ich die Dinger immer kaputt.

Station 1: “Drachenhort” (ab 8 Jahre)

12 Uhr mittags: immernoch Ravensburger. Mittlerweile haben wir bereits eine Stunde mit der unterhaltsamen Kakerlake verbracht. Noch wollen wir unseren schwer erkämpften Platz allerdings nicht verlassen. Als nächstes muss “Drachenhort” dran glauben – und nein, damit meine ich nicht den schwedischen Fantasy-Brettspielklassiker von 1985. “Drachenhort” ist ein Familienspiel, in dem 2 bis 7 Spielern eine siebenköpfige Abenteurergruppe auf eine gefährliche Schatzsuche durch eine Drachenhöhle führen müssen. Das Besondere an “Drachenhort”: Die Spieler bekommen keine bestimmte Figur zugeteilt, die sie im weiteren Verlauf setzen müssen. Stattdessen kann jeder Spieler prinzipiell jede Spielfigur weiter fortbewegen, muss dabei aber im Geheimen auf drei Abenteurer besonders Acht geben. Die werden zu Beginn des Spiels über Karten ausgelost und sind schließlich die Figuren, die ihm am Ende auch die nötigen Punkte verschaffen.

Der Umfang der Spielanleitung verrät schon, dass das Regelwerk nun deutlich komplexer ausfallen wird. Da wir aber keine Lust haben, uns erst alle Spielregeln durchzulesen, legen wir einfach gleich los. Der Rest wird sich dann schon beim Spielen ergeben. Also werden die sieben Abenteurer und der Drache auf ihren Startpositionen platziert, die Schätze in den Räumen verteilt und es kann losgewürfelt werden. Ein Abenteurer nach dem Anderen zieht durch die Räume, sammelt Juwelen ein – bis alle Figuren einmal an der Reihe waren. In dem Moment wacht auch schon der Drache auf und es heißt: Schnell raus aus der Höhle, bevor die eigenen Abenteurer gefangengenommen werden. Die sind sonst raus aus dem Spiel und das bedeutet natürlich: weniger Punkte. Aber Vorsicht! Setzte ich nur die eigenen Figuren, können die anderen Spieler das schnell entlarven, meine Abenteurer in Fallen locken und ich bin für den Drachen leichtes Futter.

Begeisterung sieht anders aus.

Es wird also gewürfelt, Figuren gesetzt, Schätze eingesammelt, nach jeder Runde zieht der Drache um 5 Felder, nimmt gegebenenfalls den Abenteurer gefangen auf dessen Feld er landet. Dann wird wieder gewürfelt, wieder gesetzt … solange bis entweder alle Abenteurer gefangen genommen wurden oder das Ziel – sprich: den Höhlenausgang – selbst erreicht haben. So umfangreich die Anleitung also auch war, Abwechslung ist dann irgendwie doch etwas anderes. Zu allem Übel wird das Brett dann auch noch umgedreht und der ganze Spaß geht von vorne los. Ab in Runde 2. Bis wieder alle gefangen oder geflohen sind – erst jetzt haben wir es überstanden. Das war’s dann erstmal mit Ravensburger. Wir sind dann mal weg und schauen, ob die Spielmesse noch was Spannenderes zu bieten hat. Notfalls gehen wir eben noch in Halle 3 zu den Modeleisenbahnen. Die sehen für mich zwar auch alle immer gleich aus, aber wenigstens muss ich da keine Anleitungen verstehen.

Ach, und essen müssen wir auch noch was. Also erstmal:

Pause.

Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

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