Buntes Gekrabbel 2 – die grandiose Fortsetzung

… oder das was nach dem Besuch der Modeleisenbahnen in Halle 3 geschah.

Irgendwas zwischen 14 und 15 Uhr.Ich bin furchtbar müde. Kaffee und Cola werden das schon irgendwie richten. Schlafen kann ich jetzt in jedem Fall noch nicht. Der weitere Plan: zurück in Halle 2 und schauen, was es in diesem Jahr so alles auf die Liste zum “Spiel des Jahres” geschafft hat. Letztes Jahr bin ich hier auf “CONCEPT” gestoßen – ein grandioses Gesellschaftsspiel, bei dem die Spieler Dinge anhand von Icons erklären müssen und das selbst die Spielmuffel meiner Familie begeistern konnte. Nun hoffe ich, auch dieses Mal wieder so einen Glücksfang zu machen. Ich will heute schließlich nicht mit leeren Händen nach Hause gehen.

Kinderspiel des Jahres: “Spinderella” (ab 6 Jahre)

Westernparodie und Spiel des Jahres: “Colt Express” (Foto: Cäcilia Sauer)

Kurz nach 15 Uhr.Nach einer gefühlten Odyssee durch die halbe Messe sind wir endlich beim Stand vom “Spiel des Jahres” angelegt, der sich genau am anderen Ende von Halle 2 befinden muss. Leider genügt schon ein kurzer Blick aus der Ferne um festzustellen, dass mich hier heut wohl kein Highlight erwarten wird. Gerade “Broom Service” (Sieger in der Kategorie “Kennerspiel”) ödet mich schon thematisch von vornherein an: das 5000. Brettspiel mit Hexen. Na, hurra. “Colt Express” – Spiel des Jahres und laut Beschreibung eine Art “Westernparodie” – interessiert mich da schon deutlich mehr. Für einen Test kommt es für uns aber aufgrund der Altersempfehlung nicht in Frage.

Da alle Preisträger in diesem Jahr sowieso in recht kindlicher Manier darherkommen, können wir uns gleich dem Kinderspiel des Jahres “Spinderella” zuwenden. An dem Testtisch gesellt sich gleich ein Aussteller zu uns, der die Spielregeln zum Besten gibt – die mir doch sehr bekannt vorkommen: Jeder Spieler muss drei Ameisen von einer Seite des Spielfelds auf die andere befördern und dabei aufpassen, nicht von einer magnetischen Spinne zurück an den Anfang befördert zu werden. Klingt ein wenig wie “Kakerloop” – mit dem Unterschied, dass der Feind in diesem Fall kein Eigenleben führt, sondern von den Spielern selbst bewegt wird. Das macht “Spinderella” für mich auch zum unterhaltsameren Spiel – das und dass ich nicht befürchten muss, irgendeine Technik könne irgendwann versagen.

Genau wie “Kakerloop” besteht das Spiel-“brett” (eigentlich eher ein “Würfel”) von “Spinderella” ebenfalls aus zwei Ebenen: Unten werden die Ameisen Richtung Ziel geführt, während die Spinne bereits am Seil von der Decke baumelt und ihrer Beute auflauert. Gewürfelt wird mit drei Würfeln gleichzeitig, wobei alle mit einer unterschiedlichen Funktion versehen sind: Der grüne Würfel entscheidet, ob der Spieler seine Ameise oder die Spinne setzt. Die beiden anderen geben die Anzahl der Schritte vor. Würfelt der Spieler beispielsweise eine Spinne, so muss er dieselbe bewegen. In dem Fall zeigt der braune Würfel die Anzahl der Züge, um die nun die Spinne verschoben werden kann. Der weiße Würfel ist dagegen nur von Bedeutung, sobald die Ameise gesetzt werden muss. Besonders ist noch das Blatt: Hier kann der Spieler selbst entscheiden, ob er Spinne oder Ameise setzt. Wählt er die Ameise, darf er sich am Ende des Zuges zudem noch einen Baumstumpf überstülpen, um sich bis zum nächsten Zug von der Anziehungskraft der Spinne zu schützen. Süß gemacht, aber doch zu sehr Kinderspiel für mich. Ich bin auf der Suche nach einem Spiel, das ich eben auch mal ohne Kinder spielen kann. So langsam läuft mir die Zeit weg…


Letzte Station: “Rumms: Voll auf die Krone!” (ab 7 Jahre)

Mittlerweile ist es schon um 4 und ich habe immer noch kein passendes Spiel gefunden. Langsam gebe ich die Hoffnung auf, heute noch meine Spielesammlung erweitern zu können… In dem Moment wird ein Tisch am KOSMOS-Stand nebenan frei. “Rumms: Voll auf die Krone!” – kein besonders schlauer Titel, aber zu verlieren habe ich nun nichts mehr. Schnell winke ich meine Spielgefährten her. Und schon stehen wir vor einer Spielmatte voller Würfel – allesamt mit unterschiedlichen Bildern versehen: Könige, Trolle, Raubritter und Drachen. Auf dem ersten Blick wirkt alles noch etwas kompliziert, das Spielprinzip ist jedoch ebenso simpel wie genial: Die Spieler werden in zwei Mannschaften aufgeteilt. Jeder bekommt ein Set von Würfeln und muss damit anschließend versuchen den gegnerischen König aus seinem Königreich zu schnipsen. Möge der Treffsicherere gewinnen!

Die richtige Formation ist das A und O einer jeden Schlacht! (Foto: Cäcilia Sauer)

Zu Beginn platziert jeder Spieler seine Würfel in der Formation, die er für richtig hält. Vorschriften gibt es kaum welche. Wichtig ist nur: der König muss in seine Festung gesetzt werden und keiner der eigenen Würfel darf sich anfangs im gegnerischen Land befinden. Abgesehen vom König, der sich immer im Spiel befinden muss, ist auch die Würfelauswahl dem Spieler überlassen – und die kann entscheidend für den Sieg sein! Jeder Würfel bringt andere Vorteile mit sich: Trolle sind gut in der Verteidigung, Raubritter eher für den Angriff geeignet. Später können auch Zusatzwürfel wie zusätzliche Leben, Spione oder Wappentiere zum Einsatz kommen. Wir entscheiden uns jedoch für die Anfangsformation, bestehend aus einem König, vier Raubrittern und 12 Trollen.


Achtung! Fliegende Würfel!

Schnell werden noch die Truppen fertig aufgestellt und dann auf zum Angriff! Erste Runde: Mein Neffe und ich gegen meine Schwester. Die Würfel rollen – pardon, fliegen … hauptsächlich vom Tisch, denn im Zielen ist keiner von uns wirklich geschickt. Landet dann ein Würfel mal nicht komplett in der anderen Ecke der Halle, sondern nur auf dem gegnerischen Feld mit der Gefangenseite nach oben, entscheidet anschließend ein erneutes Würfeln, ob der Würfel komplett besiegt und damit genau wie alle anderen Überflieger aus dem Spiel ist oder noch weiter zum Einsatz kommen kann. (Deswegen sind Trolle übrigens auch besser in der Verteidigung: Sie haben mehr Gefangenseiten und sind damit auf der gegnerischen Seite schneller aus dem Spiel)

Mit Konzentration und Treffsicherheit zum Sieg (Foto: Cäcilia Sauer)

Der erste König ist aus dem Spiel. Der Sieg geht an uns: 1:0 für meinen Neffen und mich. Nächste Runde. Mein Neffe hat Mitleid mit meiner Schwester und erklärt sich gnädigerweiße für noch eine Runde bereits. Dieses Mal werden die Mannschaften gewechselt. Meine Schwester und ich gegen meinen Neffen – vielleicht hat sie dann eine Chance auf den Sieg, glaubt er. Das funktioniert auch prima – für ihn. Unsere Würfel fliegen wieder nur am König vorbei. Und wieder ein Sieg für meinen Neffen: 2:0. Nächste Runde: 3:0. Jetzt hat er einen Lauf. Noch eine Runde geht aber nicht, wir müssen los.

Der Entschluss steht: Einmal “Rumms” zu mitnehmen bitte! Zu Hause können wir dann auch die anderen Würfel einsetzen. Vielleicht auch mal bei einem Glas Wein mit ein paar Freunden. Der Verkäufer am Stand bestätigt: zum späten Abend wird “Rumms” immer lustiger. Fein. Dann müssen wir aber die Möbelritzen abdecken. Sonst finde ich die Würfel noch Wochen später unterm Sofa wieder.

Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

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