Vom Wert der Wörter

Es gibt ja viele Sachen für Kinder, viele sind unnötig, regelrecht blöd oder kurzlebig sind. Also dann vielleicht doch lieber ein Buch, das von tieferem Wert zu sein scheint. Doch auch hier gibt es viele seltsame Bücher, billige Geschichten mit noch billigeren Illustrationen. Und dann gibt es Bücher, die kauft man zwar für seine Kinder, aber eigentlich für sich selbst. Das hier ist so ein Buch: Die große Wörterfabrik von Agnes de Lestrade und Valerie Docampo.

Worum geht es?

In einem weitentfernten Land ist alles bestimmt von einer großen, rauchenden Fabrik. Die Menschen schweigen hier meistens, denn die Wörter, die sonst jeder so freigiebig gebraucht, werden in der Fabrik hergestellt und teuer verkauft. Dabei sind manche Wörter billig und anderer äußerst wertvoll. Die billigen finden die Leute mal auf der Straße, die teuren jedoch bleiben den Reichen vorbehalten. Deswegen kann der junge Paul seiner geliebten Marie nichts von seiner Liebe erzählen.

Worum geht es wirklich?

Das legt der Titel schon nahe: Natürlich um Wörter. Auch wenn das nach einem schrecklichen Land klingt, macht es Worte zu etwas Besonderem. Hier müssen die Menschen gut überlegen, was und wie sie es sagen, denn Worte sind wertvoll. Es zeigt aber auch, dass viele Worte nicht unbedingt viel sagen, sondern dass es auch darauf ankommt, wer und wie er sie sagt. Denn letztlich gibt es auch Sachen, die sich weder mit Worten sagen, noch mit Geld nicht bezahlen lassen und das verbindet die beiden dann auch.

Warum ist das so gut?

In erster Linie ist eine schöne Geschichte, vor allem weil es ein wohlbekanntes Thema spannend variiert. Doch für ein Bilderbuch ist besonders die Gestaltung von Bedeutung, die hier äußerst gut gelungen ist mit ihren weichen Linien und erdenden Farbtönen. Die Illustrationen sind hier nicht nur bloßes Beiwerk, keine simple Bebilderung: Die Illustrationen gehen immer über die ganze Seite, sodass die Texte – gerade durch verschiedene Schriftgrößen – Teil des Bildes werden. Zumal es in der Geschichte um Wörter selbst geht, werden Buchstaben und Wörter als typographische Spielerei selbst zum Teil des Bildes. Eine anrührende Geschichte in schönen Bildern.

Agnes de Lestrade und Valerie Docampo: Die große Wörterfabrik, mixtvision, 40 Seiten, 14,90€ für die große Aufgabe, 9,95€ für die kleine Ausgabe

Hinweis zum Kauf: Da “Die große Wörterfabrik” fast schon ein Bilderbuch-Klassiker ist, ist das Buch eigentlich überall zu finden. Falls nicht, gibt es auch eine sehr schöne App.

Thilo
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Thilo

Hat sich von einer anfänglichen Faszination für Bücher, über erste Leseerfolge zum Bibliomanen entwickelt. Eigentlich hat der Kulturjournalist nur aus Langeweile gelesen, hier mal ein Buch im Zug, mal eines im Urlaub, mal ein bisschen vorm Einschlafen. Nach unausgegorenen Berufswünschen wie Koch, Hornist oder Schauspieler, verschlägt es ihn zum Studium der Theaterwissenschaft nach Leipzig und in die Redaktionsräume des Ausbildungsradios mephisto 97.6. Ganz beiläufig lässt er hier fallen, dass er eigentlich ganz gerne mal ein Buch lese. Schon einen Monat später leitet er – hopplahopp – die Literaturredaktion und Lesen wird zum Exzess (in den Tagen vor Buchmessen liest er gerne Nächte und Tage durch). Inzwischen spricht er hin und wieder bei MDR Kultur und dem Deutschlandfunk über Literatur, Theater, Musik, neue Medien und alles was die Leute (oder: ihn) interessiert. Sein Ziel: Der nächste Marcel Reich-Ranicki (und ein bisschen Gerhard Stadelmaier) werden – nur besser aussehend … und vielleicht etwas umgänglicher. So lange vergnügt er sich weiter auf schraeglesen.de

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