Kindheitserinnerungen und das Problem mit dem Erwachsensein

Seit ich erwachsen bin macht Weihnachten nur noch halb so viel Spaß. Bei dem Geschenkestress kann von “Besinnlichkeit” keine Rede sein und am Ende ist alles schon wieder vorbei, bevor es überhaupt angefangen hat. Wie sehr sehne ich mich da in eine Zeit zurück, in der ich Weihnachten noch genießen konnte und Geschenke noch Spaß gemacht haben…

Eigentlich liebe ich ja Weihnachten. Plätzchen backen, das gemütliche Flackern der Pyramide und in der Luft der Duft von Tannennadeln und Räucherkerzen. Aber schon seit ein paar Jahren versuche ich wieder dieses “ruhige” Weihnachtsgefühl aufkommen zu lassen. Leider vergeblich. Abschlussarbeiten, Hausarbeiten, Arbeit, oder einfach nur der übliche Geschenkestress machen mir da immer einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Ständig ist einfach die Zeit zu knapp…


Immer diese Wartezeit

… dabei hätte ich die früher vor Weihnachten allzu gern etwas abgegeben – nur um den 24. etwas schneller kommen zu lassen. Adventskalender und Nikolaus versüßen zwar etwas die Ungewissheit über das nächste Weihnachtsgeschenk, aber dass Vorfreude die schönste Freude sein soll halte ich heute noch für ein nahezu lächerliches Gerücht.

An Heilig Abend erreichte die Qual dann übrigens ihren Höhepunkt. Vormittags Baumschmücken, mittags Nudelsuppe (obwohl sich der Hunger stark in Grenzen hält), danach in die Kirche zum Krippenspiel (das sich jedes Jahr doch nur wiederholt), dann nach Hause – am Besten gelaufen, um ein “bisschen Luft zu schnappen” -, noch einmal essen: Es gibt Bratwürste mit Rosenkohl und Stampfkartoffeln (und der Hunger ist immer noch nicht da). Wie viel in so einen Tag eigentlich reinpasst, merkt man als Kind erst zu Weihnachten.


Und jetzt?

… ist die Adventszeit schon vorbei bevor sie eigentlich so richtig angefangen hat. Haben wir denn schon den 3. Advent? Ich sollte eigentlich gar nicht schreiben, sondern lieber Geschenke kaufen.


 

Glöckchenklingeln…

… der Moment auf den ich wochenlang – wenn nicht sogar monatelang (der Geburtstag lag ja auch schon eine Weile zurück) – warten musste. Bei uns läutet das Glöckchen-Klingeln nämlich den Besuch des Christkinds ein (Ja, bei uns gabs und gibt es immer noch keinen Weihnachtsmann). Und das bedeute vor allem eines: Die Geschenke können ausgepackt werden!

Das war auch der Moment, an dem sich offenbarte, ob das Christkind denn den Wunschzettel ordentlich studiert oder doch nur statt einer neuen Puppe oder dem Spielzeugstaubsauger ein paar neue Socken gebracht hatte. Rückblickend bin ich mir übrigens nicht sicher, ob der Staubsauger wirklich meinem Wunsch oder doch eher dem meiner Mutter entsprang. (Dazu muss gesagt werden, dass ihr besagter Staubsauger aber mehr Ärger als mir Freude bereitet hatte. Die kleinen Styroporkugeln fanden sich in den nächsten Wochen in allen Ecken der Wohnung wieder.)

Und ab genau diesem Moment schien die Zeit plötzlich reißaus nehmen zu wollen: Plötzlich wird man widerwillig vom Spielzeug weggezerrt, um etwas widerwillig ein schräges Weihnachtslied auf der Geige zu quietschen. (“Für irgendwas müssen sich die Unterrichtsstunden ja auch gelohnt haben.”) Nur um danach gefühlte fünf Minuten später noch widerwilliger ins Bett gezerrt zu werden.


Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

Wie könnte es anders sein: Ein GameBoy Advance.

Endlich eine eigene Spielekonsole! Zuvor hatte ich mich nur zum Besuch bei Verwandten und Bekannten durch GameBoys und PlayStations getestet- mit unschönen Nebenwirkungen: Bei jedem neuen Besuch waren meine Spielstände aufs Magische verschwunden. Und monatelang nur die ersten zwei Stunden von Final Fantasy VII zu wiederholen bringt irgendwie nicht die ersehnte Freude.

2002 hatte das endlich ein Ende: Mein erster GameBoy, in Form der Advance-Ausgabe, lachte mich unterm Weihnachtsbaum an. Als Spiel-Beilage dazu: “E.T.” für den GameBoy Color. Keine Katastrophe wie das gleichnamige Atari-Spiel zum Film, aber irgendwie auch kein Meisterwerk. Ziel des Spiels war es E.T. durch einzelene Puzzle zu manövrieren und dabei Spinnen anderes Gedöns zu umgehen. Ein netter Zeitvertreib – wenn auch bald etwas eintönig. Als erstes Spiel ist es für mich aber bis heute ein kleines Heiligtum.

Kleines Update: Mein liebstes GBA-Spiel “Golden Sun” habe ich jetzt auch hier besprochen. Naja, oder zumindest versucht.


 

Heute: Oh, Socken…

… jetzt sind die Geschenke schnell ausgepackt. Als Erwachsener bekommt man ja sowieso nur “nützliche” Dinge, Dinge, die man auch im Alltag wirklich “gebrauchen kann”. Ein neues Spiel? Ein GameBoy? Weder noch. Stattdessen gibt es wirklich Socken, Töpfe und einen neuen Schlafanzug. Und das Schlimmste: Mittlerweile stört mich das nicht mal. Nach dem ganzen Stress bin ich oft einfach nur froh, endlich eine ruhige Minute mit der Familie zu haben – die aber auch heute noch viel zu schnell vorübergeht.

Am Schluss des Heiligabends bleibt dann nur noch die Frage: All der Stress und das war’s schon wieder mit Weihnachten?

Caecilia
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Caecilia

Ehemaliger(?) "Final Fantasy"-Freak. Hat durch die Liebe für das Japanische Rollenspiel zum Videospiel gefunden. Nachdem der Traum vom Leben im Land der aufgehenden Sonne schon am Sushi-Hass zerplatzte, fand die Musik- und Theaterwissenschaftlerin mit den Game Studies einen passenden Ersatz; ging ihren Dozenten deswegen permanent mit Hausarbeiten zu Videospielmusik, Avatartheorien oder Bewegungssteuerungskonzepten auf den Leim; versuchte sich nebenher als Redakteurin beim RETRO-Magazin oder stockte ihre Spielesammlung mit Aushilfsjobs bei GameStop auf. Ihr großer Traum: Mit einer Professur das eigene Hobby durch die Uni finanzieren zu lassen. Bis dahin tobt sich eben auf schraeglesen aus und bezahlt die Spiele vorerst aus eigener Tasche. Wegen ihrer Vorliebe für Indie Games hält sich der finanzielle Aufwand dabei zum Glück in Grenzen.

Ein Kommentar:

  1. Pingback:Kindheitserinnerungen: "Golden Sun" | schraeglesen

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