Montagsfrage: Theater im Buch und andere verrückte Gründe

Momentan arbeite ich daran, alle Bücher meines Schrankes in einer Liste zu sammeln, was aus zwei Gründen sehr schwer ist: erstens weil ich erkenne, wie wenig ich eigentlich gelesen habe (ich leihe viel aus) und zweitens verliere ich leicht den Überblick, wenn ständig neue Bücher nachwachsen. Da passt die Montagsfrage eigentlich ganz gut: Welches ist dein letzter Neuzugang und was hat dich zum Kauf bewogen?

Da meine Bücher oft im Doppelpack kommen und ich dazu noch Geburtstag hatte (ich habe sie mir also weniger ausgesucht, sondern aussuchen lassen), gibt es hier gleich vier Titel, die ein zu Hause in meinem Schrank gefunden haben.

  1. Hochhuth: Der StellvertreterIch stöbere immer gerne in den Wühlkisten vor Buchläden herum (heißen die da auch so?), weil ich da schon sehr oft, überraschende und freudige Entdeckungen gemacht habe. (Erst vor einem Monat habe ich dort ein einzigartiges Buch gefunden, im Sinne von: Wenn jemand anders das gleiche Buch bestellt ist es nicht das gleiche, weil es nicht der gleiche Text ist, aber darum soll es heute nicht gehen.) Dabei habe ich schon vor Jahren festgestellt, selbst geschenkt, kannst du nicht jedes Buch mitnehmen und behalten, das nur interessant klingt. Also habe ich mich ein klein wenig spezialisiert: auf Lyrik und Dramatik. Das bedeutet, dass ich auch ganz gerne einen Roman mitnehme, aber ich immer nach einem Theaterstück suche. Tatsächlich habe ich neulich eines gefunden: Der Stellvertreter ist ein historisches Stück über die Rolle des Papstes im Zweiten Weltkrieg, gut recherchiert, aber trotzdem frei erzählt.
  2. Arikha: Wörterbuch einer verlorenen WeltIch wollte aber nicht nur ein Buch kaufen, weil das erste ja schon günstig genug war und an dieser Stelle darf man meine Auswahlkriterien gerne einmal infrage stellen: Ich habe auf dem Tisch ein Buch in schönem Blau gesehen, schön genug um genauer hinzusehen: Arikhas Wörterbuch einer verlorenen Welt. Da sehe ich in der oberen rechten Ecke eine Empfehlung von Paul Auster. So dachte ich, wenn dieser, von mir so bewunderte Autor das mag, dann muss ich das mitnehmen, dieses Erinnerungsbuch mit miniaturierten Fetzen.
  3. Johnson: The UnfortunatesWenn mich jemand nach einem Wunsch fragt, so verweise ich immer gern auf die Liste, die an meiner Pinnwand hängt. Schon vor Jahren habe ich hier eine Reihe von Titel, die in Form und Erzählweise als sehr experimentell betrachtet werden gesammelt – mein anderer Schwerpunkt in der Buchauswahl. Ein Titel davon ist B.S. Johnsons The Unfortunates, zu deutsch Die Unglücksraben. Auch dieses Buch dreht sich um Erinnerungen, allerdings hat dieser Protagonist so seine Schwierigkeiten, die richtige Reihenfolge zu finden, deswegen darf auch der Leser die Kapitel, die ihr in einzelnen Heften stehen, in beliebiger Reihenfolge lesen. Eben eines dieser Bücher, für die dieser Blog da ist.
  4. Küveler: Theater hassenIch habe oben bereits von meiner Vorliebe für das Theater berichtet und dem aufmerksamen Leser dieser Seiten sollte aufgefallen sein, dass schon eine enge Beziehung zu dieser uralten Erzählform besteht. Deswegen habe ich als Geschenk auch ein Buch im Briefkasten gefunden, dass ich bereits auf der FBM 2016 gesehen hatte: Küvelers Betrachtung zum zeitgenössischen Theater mit dem Titel Theater hassen. Das darf man übrigens nur, wenn man das Theater liebt (sagt auch der Autor) und ich kann ihn auch verstehen. Aber dazu erzähle ich übermorgen mehr. Versprochen!
Thilo
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Thilo

Hat sich von einer anfänglichen Faszination für Bücher, über erste Leseerfolge zum Bibliomanen entwickelt. Eigentlich hat der Kulturjournalist nur aus Langeweile gelesen, hier mal ein Buch im Zug, mal eines im Urlaub, mal ein bisschen vorm Einschlafen. Nach unausgegorenen Berufswünschen wie Koch, Hornist oder Schauspieler, verschlägt es ihn zum Studium der Theaterwissenschaft nach Leipzig und in die Redaktionsräume des Ausbildungsradios mephisto 97.6. Ganz beiläufig lässt er hier fallen, dass er eigentlich ganz gerne mal ein Buch lese. Schon einen Monat später leitet er – hopplahopp – die Literaturredaktion und Lesen wird zum Exzess (in den Tagen vor Buchmessen liest er gerne Nächte und Tage durch). Inzwischen spricht er hin und wieder bei MDR Kultur und dem Deutschlandfunk über Literatur, Theater, Musik, neue Medien und alles was die Leute (oder: ihn) interessiert. Sein Ziel: Der nächste Marcel Reich-Ranicki (und ein bisschen Gerhard Stadelmaier) werden – nur besser aussehend … und vielleicht etwas umgänglicher. So lange vergnügt er sich weiter auf schraeglesen.de

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