Da war es lange still hier, denn Buchmessen machen mich immer total fertig – in positiver und negativer Hinsicht. Bevor ich die einzelnen Beiträge von der Buchmesse veröffentliche, erstmal ein kleiner Bericht, der Lust auf mehr machen soll.
So eine Buchmesse ist für mich immer der totale Rausch: So viele Bücher, so viele Menschen. Ich weiß oft gar nicht wo ich zuerst hinsehen soll. Deswegen sind meine Erinnerungen auch immer etwas verschwommen. Aber versuchen wir es dennoch:
Gedankenreiche Gespräche
Einen Zwischenstand hatten wir beide ja schon gegeben, als wir die Feuilletöne getroffen hatte. Und das war natürlich schon ein wunderbares Erlebnis, im wahrsten Sinne. Denn während wir sonst nur über diese seltsamen sozialen Netzwerke Kontakt miteinander hatten, haben wir die beiden endlich auch mal persönlich treffen können, ebenso wie die Gesichter vom Bücherstadt Kurier. Dabei haben wir vor allem eins geschafft: Die schöne Stadt Leipzig anzupreisen – mit Erfolg, hatte ich das Gefühl. Also haben wir die Messe ganz professionell zum Netzwerken genutzt. Super!
Aber irgendwie geht es bei der Messe nicht nur darum, die Menschen zu treffen, die genauso wie ich am liebsten den halben Tag über Bücher und Kultur sprechen wollen. Es geht auch darum, die Menschen zu treffen, die in den Büchern stecken. Allerdings wandere ich da nur ungern von Lesung zu Lesung, denn das Lesen mache ich persönlich doch ganz gerne für mich allein (obwohl ich zugeben muss, dass manche Bücher nur von ihren Autoren richtig zum Klingen gebracht werden können). Und auch die Gespräche drum herum sind mir manchmal zu langweilig, weil ich einfach lieber selbst Fragen stelle. Also habe ich mich wieder aufgemacht, um Autoren zu treffen, die ich für interessant halte.
Einer davon hat sogar zugegeben, dass er selbst auch nicht viel von Lesungen hält – ich bin doch nicht der einzige Banause. Es gab Gespräche, in denen wir über so wenig Wörter gesprochen haben, dass wir so viel reden konnten. Es gab ein Plädoyer für eine narrativere Welt und wie wir die Wirklichkeit erzählen können. Direkt davor ging es darum, wie wir die Welt wieder durch die Augen eines Kindes sehen können; ein anderes Mal darum, wie wichtig es ist, sich einmal komplett zu verlieren. Natürlich habe ich wie immer auch über Formen gesprochen, wie viel Theater in einem Roman voller Ich-Erzähler steckt und wie sich Märchen in einem Text erzählen, der zwischen Lyrik und Prosa schwebt. Wo wir schon so weit gekommen waren, ging es am Samstag sogar noch um die Frage, wie sehr einem eigentlich dieser Jesus leidtun kann. Aber das alles folgt noch ausführlicher, wenn ich diese fünf Stunden rohes Audiomaterial geschnitten habe.
Einige Gastspiele
Doch zum Glück musste ich das nicht immer alles selbst machen. Wie schon seit einigen Jahren durfte ich mich auch dieses Jahr auf der Bühne von mephisto 97.6 austoben. So war der gesamte Samstagvormittag mit Podiumsdiskussion, Interview und Live-Hörspiel verplant. Es ging also um die Frage, ob es Frauen eigentlich schwerer haben im Bereich der Fantasy-Literatur zu reüssieren. (Es hat sich gezeigt, es ist nicht so schlimm wie man meinen mag.) Fast im Anschluss, nach einem kleinen Intermezzo mit den Feuilletönen, konnte ich Anne Weber treffen. Mit ihrem Roman Kirio war sie mein Favorit für den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse, obwohl ich gleich geahnt habe, dass sie zu verspielt und nicht relevant genug für die Jury war. Aber das schmälert den Lesespaßes dieses Romans nicht, also haben wir uns darüber unterhalten, wie es diesem wundersamen Kirio eigentlich gerade so geht und wie wichtig er für unsere heutige Zeit ist.
Cosplay Diskussionen
Samstag war übrigens auch der Tag, an dem ich mal ein bisschen dem Schaulaufen zugesehen habe. Denn dafür ist die Buchmesse ja auch da: damit sich Cosplayer der Öffentlichkeit präsentieren können. Und abgesehen von ihren zumeist peinlichen Showeinlagen beim Wettbewerb gehört ihnen meine absolute Bewunderung. Umso seltsamer waren da natürlich diese harschen Forderungen mancher Buchmesse-Begleiter, die die Cosplayer verbannen wollen. Eigentlich ist dazu schon alles gesagt worden und es sollte klar sein, dass das nur eine Minderheit fordert, die vermutlich mit der spießigen Frankfurter Buchmesse groß geworden sind. (Oh. Kommt da gerade meine leichte Abneigung gegen die Frankfurter Buchmesse durch?) Leipzig ist ein Fest für die Leser, und wenn es zu ihrer Lesekultur gehört sich zu verkleiden, ist das wunderbar. Noch wunderbarer ist dann nur, dass sie dabei nicht unter sich bleiben, wobei ihnen die allseitige Bewunderung recht gibt.
Einen Tag frei
Und dann war da auch noch der Sonntag! Für mich der Tag der puren Buchmesseentspannung – nicht nur, weil weniger Leute da waren. (Täuschte mich der Eindruck, oder waren dieses Jahr überhaupt weniger Menschen auf der Messe?) Vor allem war der Sonntag mein freier Tag. Nach langem Überlegen habe ich mich dagegen entschieden, die Bloggerkonferenz zu besuchen, weil wir zwar tatsächlich überlegen, einen Podcast einzurichten, aber da findet sich schon irgendwo die nötige Information. Auch die Frage nach dem Geldverdienen klang spannend, doch da die Antwort „Es ist nicht leicht“ vorherzusehen war, erschien es mir dann doch zu schwer, die 60 Euro für das Ticket wieder reinzubekommen. Stattdessen bin ich also etwas über die Messe geschlendert. Bei den großen Konzernverlagen habe ich kaum etwas Neues gesehen. Also bin ich relativ bald wieder in Halle 5 zum Stand des Compact-Magazins. Natürlich nicht um mir eine kostenlose Ausgabe zu holen, ich habe ja einen Elektrogrill und brauche kein Zündmaterial. Stattdessen habe ich dieser etwas seltsamen Protestkundgebung beigewohnt.
Anschließend bin ich etwas an den Buchständen vorbei geschlendert. Das meiste hatte ich bereits in den Katalogen gesehen. Trotzdem habe ich hier und da in den einzelnen Büchern herumgeblättert und auch bei den Ausstellerständen habe ich mir einige Bücher angesehen. Doch das Beste habe ich mir dann für den Schluss aufgehoben: Den Bereich der schönen Bücher. Ehrlich gesagt habe ich etwas verzweifelt nach dem Stand der Bauhausuniversität Weimar gesucht. Aber dafür habe ich bei der Burg Giebichenstein wieder sehr viel spannende Bücher gesehen, und ich bedauere jedes Mal, dass es die nirgendwo käuflich zu erwerben gibt.
Und am späten Nachmittag stand ich dann da, in der Glashalle auf der Galerie. Ich wusste, ich hatte nicht einmal die Hälfte gesehen, aber ich hatte keine Kapazitäten mehr, in meinem Kopf schwirrten abertausende Wörter und Buchstaben. Also machte ich mich auf den Heimweg.
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